Grossophobie
- Tätigkeit für die Allgemeinheit (wirtschaftlich, sozial, kulturell oder politisch)
- Beschäftigung
- Alle Kategorien anzeigen
Vorurteile und feindselige Einstellungen gegenüber dicken Menschen sind die Ursache für viele Diskriminierungen, die nach belgischem Recht und internationalen Verträgen verboten sind.
Grossophobie wird als eine Art strukturelle Diskriminierung angesehen. Dicke Menschen werden in verschiedenen Lebensbereichen systematisch ungleich behandelt, z. B. im Gesundheitswesen, in öffentlichen und kulturellen Einrichtungen, bei der Arbeit, im Bildungswesen usw. Es handelt sich um eine Form der Diskriminierung, die in unserer Gesellschaft besonders normalisiert ist und von der Politik kaum beachtet wird.
Hinweis: In diesem Text verwenden wir das Wort "dick". Wir sind uns bewusst, dass dieses Wort für viele Menschen eine negative Konnotation hat. Organisationen, die sich gegen Grossophobie einsetzen, wollen sich den Begriff jedoch als neutrales Mittel zur Beschreibung einer Person aneignen. Wir übernehmen diese Wortwahl und verwenden den Begriff "dick" als neutralen Begriff.
Was ist Grossophobie?
Die Grossophobie ist ein Phänomen, bei dem dicke Menschen diskriminiert und stigmatisiert werden.
Grossophobie kann mehreren geschützten Kriterien zugeordnet werden, je nach Situation:
- Das Kriterium des Körperliches Merkmal oder Aussehen:
- Wenn dicke Menschen aufgrund ihres Aussehens diskriminiert werden (z. B. aufgrund von negativen sozialen Vorurteilen oder Stereotypen über ihren Gesundheitszustand), kann es sich um eine Diskriminierung aufgrund eines körperlichen Merkmals handeln.
- Das Kriterium der Behinderung:
- Wenn ungeeignete Umgebungen (z. B. zu kleine Sitze) Hindernisse für die Teilnahme schaffen, kann dies eine Diskriminierung aufgrund einer Behinderung darstellen.
Es ist wichtig, dass die Diskriminierung aufgrund der Körperform nicht mit der Diskriminierung aufgrund des Gesundheitszustands gleichgesetzt wird. In diesem Zusammenhang sollten dementsprechend die Begriffe "Übergewicht" und "Fettleibigkeit" vermieden werden, da sie dick sein als medizinisches Problem darstellen und nicht neutral sind. Weitere Informationen finden Sie in Kapitel (4.2) unseres Berichts "Improving Equality Data Collection in Belgium" II (FR), in dem der Unterschied zwischen Grossophobie und Diskriminierung aufgrund von Übergewicht weiter ausgeführt wird.
Beispiel für Grossophobie:
Ein Mann bewirbt sich um eine Stelle als Fahrlehrer in einer Fahrschule. Nach einem ersten Vorstellungsgespräch erhält er eine E-Mail, in der ihm erklärt wird, dass sein körperliches Profil nicht passt und er gefragt wird, ob er schon einmal daran gedacht habe, Gewicht zu verlieren (Arbeitsgericht Lüttich, Abteilung Dinant, 20. Juni 2016 - FR).
Wie äußert sich eine Grossophobie?
Normalisierte Diskriminierung
Im Laufe ihres Lebens sind dicke Menschen in verschiedenen Lebensbereichen Zielscheibe von negativen Kommentaren, Stigmatisierung, ungerechter Behandlung, Beleidigungen und sogar Angriffen:
- In der Schule: Hänseleien und Aggressionen, denen man schon im frühen Alter ausgesetzt ist.
- Am Arbeitsplatz: Vorurteile bei der Einstellung, Belästigung unter Kollegen...
- Im öffentlichen Raum: Mikroaggressionen auf der Straße, ungeeignete Sitze in Kinos oder Restaurants...
- In den Medien: insbesondere durch die mangelnde Repräsentativität von dicken Menschen und die Verbreitung von Stereotypen über sie...
- Im privaten Bereich: innerfamiliäre Gewalt, unpassende Kommentare...
- Im medizinischen Bereich: Verweigerung der Behandlung, medizinische Vernachlässigung, medizinische Gewalt, Demütigungen...
Wenn man sich aus struktureller Sicht mit Grossophobie befasst, enthüllt man eine normalisierte Diskriminierung, die in unserer Gesellschaft kaum beachtet wird.
Grossophobie hat nicht nur soziale und strukturelle, sondern auch psychologische Auswirkungen. Die mit dick sein verbundenen Stereotypen führen zu einem erheblichen psychologischen Unbehagen. Indem sie die negativen Urteile der Gesellschaft internalisieren, stehen dicke Menschen unter ständigem Druck, unerreichbaren Normen zu entsprechen, was zu Essstörungen, Depressionen oder einem Verlust des Selbstvertrauens führen kann. Diese Stigmatisierung verstärkt ihre Isolation und verschärft die sozialen Ungleichheiten.
Unzureichende Gesundheitsversorgung
Es wird regelmäßig über eine systematische Diskriminierung von dicken Menschen in der medizinischen Welt berichtet.
- Die medizinische Ausrüstung ist nicht immer geeignet, was zu falschen Messungen führen kann (z. B. ein Blutdruckmessgerät mit einer ungeeigneten Manschettengröße kann zu einer falschen Blutdruckmessung führen).
- Auch einige Behandlungen sind weniger wirksam (z. B. die Pille danach).
- Die Bedeutung, die Ärzte dem Gewicht beimessen, kann zu falschen oder verspäteten Diagnosen führen, was dramatische Auswirkungen haben kann.
Hemmnis für die Gleichbehandlung in der Arbeitswelt
Das Beispiel einer Frau, die sich um eine Stelle als Verkäuferin in einem Geschäft bewirbt und der erklärt wird, dass sie aufgrund ihrer Körperfülle nicht in das "Markenimage" passe, illustriert die Problematik gut.
Beschäftigung ist der Bereich, in dem Unia die meisten Meldungen von Grossophobie erhält. In den letzten zehn Jahren erhielten wir 43 Meldungen. Die Mehrheit betraf Diskriminierungen bei der Einstellung, gefolgt von Fällen diskriminierender Belästigung am Arbeitsplatz. Diese Diskriminierungen sind in hartnäckigen Vorurteilen verwurzelt: Dicke Menschen werden oft als weniger kompetent, weniger motiviert oder gesundheitlich angeschlagen wahrgenommen.
Abgesehen von den wirtschaftlichen Auswirkungen ist der Zugang zur Beschäftigung für die soziale Teilhabe und die persönliche Entfaltung von entscheidender Bedeutung. Da sie unsichtbar bleibt, stellt Grossophobie ein großes Hindernis für die Chancengleichheit in der Arbeitswelt dar.
Schwierigkeiten bei der Zugänglichkeit und bei der Fortbewegung
In ihrem Alltag müssen dicke Menschen auch mit Schwierigkeiten beim Zugang zu öffentlichen und privaten Orten und Dienstleistungen zurechtkommen:
- Mangel an Sitzgelegenheiten für alle Körpergrößen in öffentlichen Verkehrsmitteln, Flugzeugen, öffentlichen Toiletten, kulturellen Einrichtungen, ...
- Mangel an Einrichtungen für große Körpergrößen in Sportanlagen und anderen Freizeitangeboten...
- usw.
Die Fat Friendly Association hat eine Kartografie der Zugänglichkeit von Räumen für dicke Menschen (FR) entwickelt, die Auskunft über die konkreten Zugänglichkeitsbedingungen aller Orte gibt.
Grossophobie und Intersektionalität
Personen, die von Grossophobie betroffen sind, befinden sich oft an der Schnittstelle zwischen verschiedenen anderen potenziellen Diskriminierungskriterien. Die Überschneidung und Gleichzeitigkeit verschiedener Formen von Diskriminierung wird “Intersektionalität” genannt und ihre Berücksichtigungermöglicht es, auf spezifische Diskriminierungssituationen einzugehen.
Um eine Situation der Diskriminierung einer dicken Person zu verstehen, muss man sich anschauen können, an welchen Schnittpunkten sich diese Person befindet:
- Ist sie eine Person mit einer Behinderung?
- Ist sie eine Frau?
- Ist es eine Person, die Opfer von Rassismus ist?
- Ist es eine Person, die von Armut betroffen ist?
Die Überschneidung verschiedener Kriterien führt zu jeweils spezifischen Situationen. Eine schwarze Frau, die Fettleibigkeit erlebt, wird nicht die gleiche Situation erleben wie eine weiße Frau, die Fettleibigkeit erlebt. Beispielsweise können Ärzte unterschiedliche Stereotypen über das Gewicht schwarzer Frauen und das Gewicht weißer Frauen haben, sodass die Grossophobie gegenüber schwarzen Frauen eine andere Form annehmen kann.
Die Intersektionalität verschiedener Diskriminierungsformen muss also berücksichtigt werden, um die Situation einer einzelnen Person in ihrer Gesamtheit verstehen zu können.
Warum gehen so wenige Meldungen bei Unia ein?
Obwohl Grossophobie ein weit verbreitetes Phänomen ist, wird sie in unserer Gesellschaft immer noch normalisiert. Dies macht das Problem unsichtbar und trägt zu der niedrigen Rate von Meldungen bei, die bei Unia eingehen. Ungerechtigkeiten, die dicke Menschen erfahren, werden oft als persönliche Verantwortung oder als normal wahrgenommen, da die Stigmatisierung so tief in den Mentalitäten verankert ist.
Infolgedessen kommt es den Betroffenen nicht immer in den Sinn, dass diese Diskriminierungen rechtswidrig sind und angezeigt werden können. Viele wissen noch nicht einmal, dass Dicksein durch Kriterien wie körperliche Merkmale oder in manchen Fällen Behinderung geschützt werden kann. Diese Unkenntnis stellt in Verbindung mit Schuld- und Schamgefühlen, die durch negative Stereotype hervorgerufen werden, ein großes Hindernis für das Einreichen von Meldungen dar.
Um diese Unsichtbarmachung zu bekämpfen, ist es von entscheidender Bedeutung, dass Grossophobie als strukturelle Diskriminierung anerkannt wird und die Betroffenen über ihre Rechte informiert werden.
Sind Sie Opfer oder Zeuge von Grossophobie?
Es besteht die Möglichkeit, eine Ausschreibung einzureichen.
Verwandte Artikel
Diskriminierungen und Intersektionalität
Intersektionalität (Mehrfachdiskriminierungen) hilft, die strukturelle Unterdrückung von Personen, die mehreren benachteiligten Identitätsgruppen angehören, aufzudecken.
- Tätigkeit für die Allgemeinheit (wirtschaftlich, sozial, kulturell oder politisch)
- Beschäftigung
- Regionalverkehr (regionale Ebene) und Transport
- Gesundheit
- Behinderung
- Körperliche oder genetische Merkmale