Diskriminierung aufgrund von Behinderung
Personen mit Behinderung machen etwa 15 % der Weltbevölkerung aus, laut Angaben der WHO (2023). Diese Personen stehen vor zahlreichen Hindernissen, die sie an der vollen Teilhabe am Gesellschaftsleben hindern.
Dies, obwohl Personen mit Behinderung durch mehrere Gesetze und Übereinkommen geschützt sind, insbesondere das Antidiskriminierungsgesetz, die belgische Verfassung und die UN-Behindertenrechtskonvention.
Definition des Merkmals Behinderung
Disclaimer: Der Begriff „Behinderung“ wird im Text verwendet, da er in den juristischen Texten benutzt wird, wenngleich andere Begriffe in der aktuellen, fachlichen Diskussion Anwendung finden.
Behinderung galt lange Zeit als rein persönliches und medizinisches Problem. Im Laufe der letzten Jahrzehnte wurde dieser Ansatz jedoch hinterfragt, zu Recht. Inzwischen richtet sich der Blick nicht allein auf die betroffene Person, sondern auch auf die Hindernisse in der Gesellschaft. In diesem Sinne entsteht Behinderung erst dadurch, dass eine Person, die eine oder mehrere Beeinträchtigungen hat, mit einer Umgebung konfrontiert wird, die ihren persönlichen Gegebenheiten nicht entspricht. Die Antidiskriminierungsgesetzgebung, die belgische Verfassung und die UN-Behindertenrechtskonvention unterstützen diesen neuen Ansatz in jeder Hinsicht.
So sind Menschen mit Behinderungen in der UN-Behindertenkonvention wie folgt definiert: „Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können“.
Menschen können verschiedene Arten von Behinderung haben. So gibt es:
- schwerhörige und gehörlose Menschen
- blinde und sehbeeinträchtigte Menschen
- Menschen mit einer motorischen oder körperlichen Behinderung
- Menschen im Autismus-Spektrum
- Menschen mit einer geistigen Behinderung
- Menschen mit einer psychischen Behinderung
- Menschen mit einer chronischen Krankheit
Beispiele für Diskriminierung aufgrund von Behinderung
- Eine Person mit geistiger Beeinträchtigung möchte in einer eigenen Wohnung mit entsprechender Begleitung leben, muss aber in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderung bleiben.
- Eine Person mit Rollstuhl kommt nicht in das Gebäude der Gemeindeverwaltung, weil es keine Zufahrtsrampe hat.
- Ein autistischer Schüler wird in der örtlichen Schule abgelehnt, obwohl angemessene Vorkehrungen möglich wären.
- Eine blinde Person wird für eine Stelle als Bürokraft nicht in Betracht gezogen, obwohl es angemessenes Informatikmaterial gibt.
- Eine Person mit Übergewicht wird wegen ihres Aussehens als Empfangskraft abgelehnt.
- Eine Person, die an Epilepsie leidet, wird mit ihrem Assistenzhund nicht in ein Restaurant eingelassen.
- Ein Arbeitgeber verweigert einem Personalmitglied angepasste Arbeitszeiten, obwohl die Person sich um ihr behindertes Kind kümmern muss.
Was bedeutet das Recht von Menschen mit Behinderung auf Autonomie und Inklusion?
Zu oft wird davon ausgegangen, dass Menschen mit Behinderung in einer eigenen Wohnung nicht eigenständig leben können. Diese falsche Annahme beruht auf einem Vorurteil und führt dazu, dass die Behörden überwiegend in Einrichtungen für Personen mit Behinderung investieren und nicht in soziale Unterstützungsdienste. Dies hat schwerwiegende Folgen: Segregation, Vernachlässigung, Abhängigkeit von der Familie, eingeschränkte Freiheit, Misshandlung und Einsamkeit.
In Artikel 19 der UN-Behindertenrechtskonvention sind zwei Grundrechte von Menschen mit Behinderung verankert:
- das Recht auf unabhängige Lebensführung,
- das Recht auf Einbeziehung (Inklusion) in die Gemeinschaft und Gesellschaft.
Diese beiden Aspekte sind wichtig für ein selbstbestimmtes Leben.
FAQ zu diesem Merkmal
Open Hat eine Person mit Behinderung die gleichen Rechte wie jemand ohne Behinderung?
Ja. Jede Person, ob mit oder ohne Behinderung, hat dieselben Rechte.
Open In welchem offiziellen Text finde ich alle Rechte von Menschen mit Behinderung?
Im Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention).
Open Kann eine Person mit Behinderung angemessene Vorkehrungen verlangen?
Ja. Eine angemessene Vorkehrung dient dazu, eine Umgebung so anzupassen, dass sie für eine Person mit Behinderung zugänglich oder nutzbar ist. Eine solche Maßnahme kompensiert lediglich den Nachteil einer unangemessenen Umgebung, die für eine Person mit Behinderung eine unzulässige Barriere darstellt.
Open Darf eine Person mit geistiger und/oder psychischer Behinderung wählen?
Ja. Das Wahlrecht ist ein Grundrecht des Menschen.
Open Darf man einen Assistenzhund in einem Geschäft, Restaurant oder Museum verweigern?
Nein, das ist nicht erlaubt. Falls dies geschieht, ist es eine indirekte Diskriminierung. Ein Assistenzhund gilt nicht als Haustier, sondern als Hilfe. Eine Person, die einen Assistenzhund braucht, kann das Tier nämlich nicht zu Hause lassen, ähnlich einer Person im Rollstuhl, die ohne dieses Fortbewegungsmittel nicht auskommt.
Vielschichtiger Rechtsrahmen
Der rechtliche Rahmen, der die Grundrechte von in Belgien lebenden Menschen mit Behinderungen umgibt, ist sehr umfangreich.
Er umfasst internationale, europäische und belgische Normen (des Bundesstaates und der verschiedenen föderalen Einheiten). Diese verschiedenen Normen sind hierarchisch gegliedert. Jede Norm muss mit allen Normen übereinstimmen, die ihr hierarchisch übergeordnet sind. Die Behörden, die eine Norm verabschieden oder ändern, müssen also die übergeordneten Normen berücksichtigen.
Das Recht besteht jedoch nicht nur aus Gesetzestexten. Es beruht auch auf anderen Quellen wie den zahlreichen belgischen und internationalen Gerichtsentscheidungen oder den von Juristen verfassten Lehrbüchern: Rechtsprechung zur Diskriminierung aufgrund einer Behinderung und Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen: Rechtsprechung).
Unia fördert die soziale Sichtweise auf Behinderung
Unia fördert die soziale (statt der medizinischen) Sichtweise auf Behinderung. Unia unterstützt die Vorstellung von einer inklusiven Gesellschaft und bekämpft Diskriminierungen auf folgenden rechtlichen Grundlagen:
- Antidiskriminierungsgesetzgebung;
- UN-Behindertenrechtskonvention (Unia ist der unabhängige Mechanismus, der mit der Förderung, dem Schutz und der Überwachung der Durchführung dieser Konvention in Belgien beauftragt ist).
Aufträge von Unia im Bereich Behinderung
- Beratung und Begleitung von Personen, die sich diskriminiert fühlen oder deren Rechte, die in der UN-Behindertenrechtskonvention verankert sind, verletzt werden;
- Information der Menschen mit Behinderung und aller betroffenen Akteure der Gesellschaft über die Bestimmungen der Antidiskriminierungsgesetzgebung und der UN-Behindertenrechtskonvention;
- Überwachung der Konformität der Rechtsvorschriften und politischen Entscheidungen mit der UN-Behindertenrechtskonvention sowie Ausarbeitung von Berichten und Empfehlungen;
- Beratung mit den Personen mit Behinderung und ihren Sprachrohrorganisationen, insbesondere über ihre Begleitkommission;
- Teilnahme an der Bewertung Belgiens durch den UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen.
Mehr zum Thema Behinderung
- Angemessene Vorkehrungen besser verstehen
- Näheres über die UN-Behindertenrechtskonvention und die Rolle von Unia bei der Umsetzung der Konvention (nur auf NL oder FR verfügbar)
- UN-Behindertenrechtskonvention und Fakultativprotokoll zum Download
- Bewertung durch den UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen zum Nachlesen (nur auf NL oder FR verfügbar)
- Näheres über Artikel 22 ter der Verfassung in Bezug auf Behinderung (nur verfügbar auf NL oder FR)
- Zur Einsicht: außergerichtliche Lösungen in Sachen Behinderung (nur verfügbar auf NL oder FR)
- Näheres über das E-Learning-Modul Behinderung zum besseren Verständnis der Gesetzgebung (nur verfügbar auf NL oder FR)
Mehr zum Thema Diskriminierung
Entdecken Sie alle DiskriminierungskriterienDiskriminierung melden
Fühlen Sie sich diskriminiert oder sind Sie Zeuge von Diskriminierung? Melden Sie Diskriminierungen bitte online oder telefonisch unter 0800 12 800 (werktags von 9.30 bis 13.00 Uhr).