Altersdiskriminierung: ein unterschätzter Tatbestand

30 Mai 2016
Handlungsfelder: Arbeit
Diskriminierungsgrund: Alter

Ein Unternehmen wurde gerichtlich verurteilt, weil es die Bewerbung eines 59-Jährigen aufgrund seines Alters abgelehnt hatte. Wenn Sie 45 Jahre oder älter sind, werden Sie auf dem Arbeitsmarkt deutlich häufiger diskriminiert. So wurde beispielsweise die Bewerbung eines 59-Jährigen ausdrücklich wegen seines Alters abgelehnt. Als reine Altersdiskriminierung wertete auch das Arbeitsgericht Gent diesen Fall. Unia begrüßt das Urteil in dieser Streitsache, die fast schon sinnbildlich für ein ernsthaftes Gesellschaftsproblem steht, das allgemein unterschätzt wird.

Nach Eingang einer Beschwerde von einem 59-jährigen Mann und einem fehlgeschlagenen Schlichtungsversuch zog Unia vor Gericht. Der Betroffene war nach seiner Bewerbung bei einem belgischen Unternehmen ungerecht ausgemustert worden. In einer E-Mail teilte man ihm klar und deutlich mit, dass er aufgrund seines Alters nicht in Frage komme.

Das Unternehmen argumentierte vor Gericht, dass ältere Arbeitnehmer sich mit bestimmten Computerprogrammen schwer tun. Das Gericht verwarf dieses Argument und kam zu dem Schluss, dass es sich um eine Altersdiskriminierung handelt. Das Unternehmen wurde zu einem Zwangsgeld von 1.000 Euro pro weiteren Verstoß verurteilt. Darüber hinaus erhielt das Opfer 25.000 Euro Entschädigung. Hinzu kommt, dass das Unternehmen dieses Urteil deutlich sichtbar in den eigenen Räumen aushängen muss.

Wie Patrick Charlier, Direktor von Unia, erklärt, wird Altersdiskriminierung oft unterschätzt. 2015 musste Unia 80 neue Akten wegen Diskriminierungen aufgrund des Alters anlegen. In mehr als der Hälfte dieser Fälle (56 %) ging es um Beschäftigung. Betroffen sind vor allem die Altersgruppen der 45- bis 55-Jährigen (29 %) und die der 55- bis 65-Jährigen (20 %).

Dabei kommt diese Art der Diskriminierung deutlich häufiger vor, als die Zahlen vermuten lassen. In einer Erhebung war jeder dritte Befragte der Meinung, dass Altersdiskriminierung bei der Anwerbung von Mitarbeitern gerechtfertigt ist. In der Tat werden Bewerber/Arbeitnehmer über 45 am häufigsten diskriminiert [ii]. Nach Einschätzung von Unia beweist dies einmal mehr, dass Altersdiskriminierung nicht ernst genommen und deshalb auch nicht so oft gemeldet wird, obwohl es ein echtes, gravierendes Problem ist.

„Wir alle dürfen nicht vergessen, dass die Entjüngung der Bevölkerung in Europa ein Fakt ist und dass sich die Zahl der Personen über 65 in den nächsten 50 Jahren verdoppeln wird [iii]. In Belgien wird die Altersgruppe über 45 in den nächsten 40 Jahren um 20 % anwachsen [iv]. Sollte dieser zunehmende Bevölkerungsanteil an älteren Menschen am Arbeitsplatz massiv diskriminiert werden, haben wir wirklich ein Gesellschaftsproblem.‟

Unia prangert die geringe Beschäftigungsquote von nur 44 % in der Altersgruppe über 55 an, gegenüber 78,5 % unter den 25- bis 54-Jährigen [v].

Vorurteile spielen eine entscheidende Rolle bei dieser niedrigen Beschäftigungsquote. „Ältere Menschen gelten als unflexibel, überfordert von den neuen Technologien oder gesundheitlich anfällig. Das Gericht hat dieses Vorurteil zu Recht in den Brennpunkt gerückt und damit ein Signal an unsere Gesellschaft ausgesandt.‟

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